Photo-Kalender

Dieses Jahr gibt es mal nicht nur die seit vielen Jahren üblichen Kinderbilder-Kalender für die Familie, sondern auch einen öffentlichen Photo-Kalender für Freunde und alle, die meine Bilder mögen.
Und wegen der anhaltend großen Resonanz auf mein Berlin-Photoblog gibt es als Premiere einen Kalender mit Berlin-Photos.
ws-morninglove
Der Berlin guide Kalender 2010.

Gedenktag

Neunter November. Zwanzig Jahre ist es also nun her. Das historische Ereignis, bei dem die meisten Mitglieder meiner Generation wissen, was sie an dem Tag gemacht haben. Ich kann mich nicht so explizit dran erinnern. Ähnlich wie Herr Küppersbusch habe ich diesen Tag wohl verpennt. Wie auch die folgenden.
All diese Aufregung damals. Mir war das höchst suspekt. Das Wort „Wiedervereinigung“ allein schon konnte ich nicht aussprechen, ohne übel Sodbrennen zu bekommen. Es war einfach zu sehr von den Rechten und anderen reaktionären Kräften besetzt. Und von diesem Herrn Kohl natürlich. Und Genschman. Also indiskutabel.
1989
Was paradox war, weil wir Gorbi und Schewardnadse auf der andern Seite wirklich cool und sympathisch fanden.
Zugleich verharrte ich – nicht nur durch gewisse Durststrecken der eigenen Biographie – in so einem seltsamen Zustand der Lähmung. Ich wollte es nicht wahrhaben. Vielleicht. Und selbst wenn, was ging es mich an! Damals. Ich kannte keinen Bürger der DDR persönlich, hatte seit 1972 lediglich auf der Transitstrecke nach Berlin unfreiwillige Blicke in dieses immer graue und verwahrlost wirkende Land geworfen und lebte eigentlich mit der Vorstellung, daß die bewohnbare Welt etwa 20 km südöstlich von Göttingen aufhöre, ganz gut. Im Zonenrandgebiet zu wohnen hatte Charme. Es gab Strukturförderung, was zugleich bedeutete, daß es eigentlich keine Struktur gab, keine großen Wirtschaftsbetriebe, kaum durchreisenden Verkehr, wenig Aufsehen. Und daß hinter dem großen Zaun die Landkarte ausgegraut war, schaffte Behaglichkeit. Man mußte dort nicht weiterdenken.

Aus sicherer Entfernung und von hoher Warte den endlosen Trabbi-Schlangen zuzuschauen, die über den Grenzübergang Teistungen im Eichsfeld gen goldenen Westen tuckerten, um nach Abholung des Begrüßungsgeldes die Bananenbestände unserer Lebensmittelläden leerzukaufen, das war einfach nur surreal. Wie in einem abgedrehten Science-Fiction von Monty Python. Auch unsere erste Fahrt in den Nahen Osten, im geschlossenen PKW einreisend, mit mulmigem Gefühl den Reisepass den Grenzern entgegenhaltend, die gar nicht mehr stempelten, sondern nur noch durchwinkten. Winkten wie die Dorfbewohner im Eichsfeld, all die Kinder, die Girlanden über den Straßen („Willkommen Nachbarn!“), mitten im tiefsten und scheußlichsten Spätherbst. Zu Nieselregen (wie heute) und Braunkohlenheizungsausdünstungen. Als wir in Heiligenstadt ausstiegen und ein paar Schritte durch die graue Fußgängerzone machten, atmeten wir diese Gerüche ein, nahmen diese seltsame Stille wahr, diesen Stillstand in den Schaufenstern, der an Spielfilme aus der frühen Nachkriegszeit erinnerte, und fühlten uns buchstäblich wie nie zuvor im Leben. Seltsam berührt, angezogen von der Vorstellung, in eine Zeitmaschine geraten zu sei, und zugleich ratloser denn je. Es war ja total nett, daß die Bewohner der DDR uns als Nachbarn begrüßten. Aber was dann? Was sollte daraus werden?

Heute verspüre ich eine ähnlich Hemmung mich groß zu regen wie damals vor 20 Jahren.
Wie soll man sich auch äußern, wenn das kollektive Gedenken durch multimedialen Overflow in Bahnen gehypet wird, vor denen man sich sich erst mal nur in Sicherheit bringen will. Denke ich vielleicht, weil ich heute genauso wenig drin vorkomme wie 1989. Mit der Geschichte, die dort gemacht wurde und seitdem gemacht wird, wollte ich nie etwas zu tun haben. Sie ist nie meine geworden.
Oder doch?

Im Laufe der Zeit habe ich durch Freundschaften mit OstbewohnerInnen und durch Reisen einen anderen Zugang zu Deutschland und zum Osten errungen. Eine Entwicklung hin zu einem Zustand, den ich persönlich positiv nennen möchte.
Ich bin gelegentlich in Ostberlin gewesen, in Heiligenstadt, Mühlhausen, Erfurt, Gotha, Leipzig oder Dresden, auf Rügen oder im Spreewald. An einigen dieser Orte fingen persönliche Geschichten an, zu denen ich mir sofort Fortsetzungen wünschte.
Die Mauer in meinem Kopf ist nicht weg, so gar nicht, aber sie ist von einer Weltgrenze zu einer Brücke mutiert.

Juli Zeh und Slut

Das Warten in den langen Schlange davor von etwa viertel vor neun bis viertel nach, das war etwas grenzwertig. Denn das Konzert sollte um neun anfangen.
Genauer gesagt: die Schallnovelle. Die war dann aber sofort so fesselnd und so gut, daß man gleich bereit war, diesen Nerv zu vergessen.
Juli Zeh war sowohl inhaltlich als auch persönlich einfach überzeugend und sympathisch.
Und Slut machte richtig gute, avandgardistische und faszinierend experimentelle Musik, ohne gar zu verkopft daher zu kommen. Es war auch viel für’s Gefühl dabei.
Hinterher mußte ich mir einfach noch ein Autogramm von Frau Zeh holen, ihr ein Kompliment machen und mir von ihr dafür ein persönliches Lächeln abholen. Das tat außerordentlich gut.
Daß die Gattin es auch toll fand, war das beste. Wir verstanden uns dabei.

Ballett-Wochenende

Es war mal wieder soweit: die große ASC-Tanzgala. Weil die Gattin zeitgleich eine Fortbildung hatte, bekam ich die volle Dröhnung. Begann schon mit L’s Hiphop-Auftritt als Höhepunkt und Abschluß der Schultanzwoche am Freitag-Nachmittag in der IGS. Sie hat das ganz toll gemacht, aber es gab auch gleich ein Riesenproblem hinterher: denn sie hat ihren Ballett-Beutel dort liegengelassen und ist hinterher nicht mehr dran gekommen. Ein Unglück, an dem wieder einmal der übergründliche Hausmeister Herr P ziemlich schuld war. Denn in dem Beutel waren ihre Schuhe und ihre Strumpfhose für den samstäglichen Auftritt. Es gab einige Tränen, Aufregung, Hinundhertelefonieren, bis wir dann von Frau Nachbarin erstmal provisorischen Ersatz bekamen. Zum Glück. Und dann schlief auch noch Freundin K bei uns.
Am Samstag verbrachte ich die Zeit von 14 bis 22:30 mit Hin- und Herfahren und Ballettgucken im ASC. War viel Tolles dabei, aber auch viel Ödes, vor allem der entsetzliche Polka-Opa und die Linedance-Tanten. Wer will sowas im Ernst angucken, wenn es alternativ graziöses Ballett junger Mädchen zu bestaunen gibt?!
Schön, wirklich sehr, war aber, wie sehr die beiden Mädels in diesem Ballett aufgehen, wieviel Spaß ihnen das macht und wieviel Selbstbewußtsein es ihnen gibt. Das freut mich einfach total.

inglorious basterds

Was an dem Film tatsächlich verstört und als ebenso faszinierend wie grauenhaft in Erinnerung und im Gefühl bleibt, das ist die so unfaßbar glaubhaft rübergebrachte Freude, die Christoph Waltz über die Perfektion seiner eigenen Arbeit an den Tag legt – und die innere Gewißheit, daß eben genau das typisch deutsch ist.

Bigband-Konzert

jazztified
Voll die Abfahrt, das Konzert von jazztified im Hainberg-Gymnasium, gemeinsam mit dem Smoke Revival Orchestra aus Arolsen: feiner Jazz, fetzige Rhythmen, charmante Darbietung. Man wünscht sich nur, daß es bis zum nächsten Konzert nicht zu lange dauert.

Geplantes Chaos

Arme Berliner! Zum zweiten Mal in einem viertel Jahr fällt eins ihrer zentralen Nahverkehrssysteme aus. Diesmal im vollen Berufsverkehr geht es nicht so glimpflich ab wie im Juli, als die Sommerferien den Engpass abmilderten.
Das S-Bahn-Chaos, man kann nur sagen, war geplant. Die in den letzten fünf Jahren betriebene verschärfte Mehdornisierung der Verkehrspolitik lief und läuft zielstrebig darauf zu. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann es auch den DB-Fernverkehr in größerem Umfang trifft. Eine Ahnung bekam man ja bereits, als Teile der ICE-Flotte ausfielen: aus den gleichen Gründen wie jetzt die S-Bahn-Züge in Berlin.
Man kann einem so wichtigen, komplexen und zugleich hochsensiblen System wie der Bahn offenbar nicht in dem Maße Ressourcen entziehen, wie sich das die Börsengeier erträumen. Oder haben sie einfach nur falsch kalkuliert? Ist das System einfach nur früher als geplant zusammengebrochen?
Man wird es vermutlich nie herausfinden. Die verantwortlichen Herrschaften haben nicht nur ihre privaten Millionen in trockenen Tüchern, sondern sind in ihren Seilschaften auch sonst bestens abgesichert, so dass ihnen niemand mehr wirksam vor den Karren fahren kann. Und Bahn würden die sowieso nicht fahren, weil sie gar nicht verstehen, wie die funktioniert.

kein Stern mehr für gö

Man muß der Stadt Göttingen einen Stern (wenigstens einen!) aberkennen, sollte ihr denn je einer zugestanden haben.
Aber, nein, ich will da gar nicht allgemein drüber schreiben, so pseudonachrichtenmäßig oder mit irgendeinem Anschein von Objektivität. Eigentlich habe ich überhaupt keine Lust mehr darüber zu schreiben. Über die Stadt Göttingen nicht und auch nicht über die Verkehrsplanung oder die Kungelgeschäfte mit den Filetgrundstücken mitten in der Stadt, die offenbar so anrüchig sind, daß sie sogar unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfinden.
Es macht keinen Spaß mehr darüber zu schreiben, weil es nichts nützt, weil es mir nur die Laune verdirbt und weil ich nicht mehr zu hoffen wage, daß sich in der Denke der Entscheidungsbefugten (Politiker und so) noch etwas bewegen könnte.

Der jetzige SPD-Oberbürgermeister gibt sich alle Mühe, die Fehlentscheidungen des vorigen CDU-Bürgermeisters endlich in die Tat umzusetzen. Wo jener irgendwo steckengeblieben war, kommt dieser jetzt mit Allradantrieb (Grüne endlich mit im Boot) durch. Das Stadtbad, das ein Herr Danielowski lediglich hat abreißen lassen, und auf dessen Grundstück, das seitdem „Stadtbad-Areal“ genannt wird und das als Filetgrundstück klassifiziert wurde, nur der Jügen-Danielowski-Gedächtnis-Parkplatz-I angelegt werden konnte, ist nun dank der Herren Meyer (OB) und Dienberg (Stadtbaurat) endlich unterm Hammer, verkauft, verplant, verramscht. Irgendeine Billig-Bebauung wird da hingeklatscht werden, nur damit irgendwas da steht. Einen Ort der Begegnung wird es dort ebenso wenig geben wie eine Lösung für die Alte Mühle am Leinekanal. Und das als Ergebnis der Bemühungen von 10 Jahren. Oder sogar noch länger. Man will es lieber gar nicht genau wissen.
Applaus.

Beinahe noch übler wird mir, wenn ich sehe, was sie dem Groner Tor antun wollen. Hatte vor noch nicht langer Zeit der Dienberg noch vollmundig getönt, der Bereich solle aufgewertet werden, solle zu einem richtigen Tor wieder werden, so kann man nun nur noch matt abwinken und die abwinkende Hand gleich über den Augen liegen lassen. Gegenüber dem Plattenbau Groner Land 9AB soll sich ein weiterer Betongroßbau in die Stadtlandschaft eingliedern, ein Hotel auch noch. Es gibt in der Groner Landstraße ja erst vier oder fünf davon. Wahrscheinlich geht man davon aus, daß Hotels Touristen ähnlich anziehen wie neue Straßen (Südspange) den Autoverkehr. Äh, oder bringe ich da jetzt was durcheinander?

Sollte man Herrn Holefleisch noch nennen, dessen Rolle mir im Zusammenhang mit diesen Grundstücksgeschäften noch undurchsichtig ist? Nun, zumindest in puncto Südspange ist er offenbar schon vor längerem umgefallen und hat sich der Zubetonierfraktion geöffnet, die ihm dafür großmütig eine Aufwertung des Kiessee-Gebietes zugesagt hat. Wobei Aufwertung vor allem Kommerzialisierung und weitere Denaturierung meint.

Darüber zu schreiben, über all diese Entwicklungen, diese Denke, die den Abstand von der Tagesschau bis zur Wetterkarte nicht zu überwinden imstande ist, das empfinde ich gerade als – vorsichtig ausgedrückt – entmutigend.
Lesen Sie da mal lieber das Göttinger Tageblatt, dort vorzugsweise die wohlartikulierten Kolumnen und Kommentare von Ilse Stein oder Hannedore Schumacher. Dann sind Sie bestens im Bild.

Und hier lassen wir den Stern wieder weg. Göttingen braucht meinen nicht mehr. Wenn es überhaupt irgendwo einen braucht, dann in der Sternstraße (ach ja, die Sternstraße, um auch hier noch einmal abschließend Waden zu beißen: die Sternstraße, die der Dienberg zusammen mit der Elbinger Straße seit bald 2 Jahren zur Fahrradstraße aufwerten wollte. Und was ist passiert, außer daß dort die Jagd der Auto- auf die Radfahrer immer buntere Blüten treibt?!) – in der Sternstraße also, da verdient das Sternkino seinen Stern.
Dieses Blog hier aber braucht den nicht mehr und heißt deshalb jetzt ganz bescheiden wieder grapf.log.
Punkt.