Vorfahrt für Autofahrer, egal wie.

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Als ich meinen Führerschein machte, lernte ich, daß bei Hindernissen in einer engen Straße der Verkehrsteilnehmer, auf dessen Seite sich das Hindernis befindet, etwaigen Verkehrsteilnehmern auf der Seite ohne Hindernis die Vorfahrt zu gewähren hat.
Diese Regel scheint es nicht mehr zu geben, seit Straßen gleich komplett auf einer Seite zugeparkt werden.
Zumindest scheint es viele Autofahrer zu geben, die meinen, daß Radfahrern hier keine Vorfahrt gewährt werden muß.
Gestern Abend kam mir in der Elbinger Straße in der Göttinger Südstadt, die vor bald 2 Jahren schon vollmundig als Fahrradstraße angekündigt wurde, an so einer Stelle ein Auto aus WF entgegen. Vielleicht gelten ja in WF andere Regeln. Seine Straßenseite war zugeparkt, meine frei. Ich fuhr langsam dort entlang, er kam mir gnadenlos und den Umständen entsprechend zu schnell entgegen. Es war klar, daß wir nicht nebeneinander vorbei passen würden. Er hielt nicht an, ich aber auch nicht. Schließlich standen wir voreinander. Ich deutete mit Händen auf die geparkten Autos auf seiner Seite, er kurbelte seine Scheibe runter und schnauzte mich wild und mit viel unverständlichem Gebrabbel dabei an, ob ich wahnsinnig sei und ob er mich überfahren solle. Ehe ich antworten konnte, fuhr er langsam wieder an, klockte mit seinem Außenspiegel an meinen Lenker und quetschte sich so an mir vorbei.

Ich dachte auf meiner Weiterfahrt darüber nach, was passieren würde, wenn ich ihn direkt anzeigte. Ich überlegte, welche Kampfsportarten man zweckmäßigerweise vielleicht erlernen sollte. Letztlich beschloß ich, den Vorgang einfach nur diesem Blog anzuvertrauen, mir aber ansonsten den schönen Sommerabend nicht versauen zu lassen. Nicht von einem Autofahrer.

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. komma5

    achja, in solchen momenten würde ich auch gerne martial arts beherrschen….

  2. eldersign

    Hoffentlich hat der – vermutlich aus reiner Eitelkeit der der Blechkarossenindustrie und ihrer Kunden – lackierte Außenspiegel wenigstens eine dicken Kratzer.

  3. Andreas

    Regeln gelten anscheinend heute nicht mehr und einfach Rücksicht auf den „Schwächeren“ nehmen – das gibt es heute auch nicht mehr. Nur kurz ärgern, das bringt sowieso nichts, wichtig ist, dass Dir nichts passiert ist.

  4. frau g

    Ruhig bleiben, kostet nur Ihre Nerven. Ist es das wert?

  5. hildi

    Da komme ich jetzt auch endlich dazu mal auf diese Geschichte zu antworten…

    Biegt man in Berlin von Alt-Moabit auf die Gotzkowskistrasse ein, kommt man auf diese Kreuzung. Hier gibt es für links abbiegende Radfahrer eine Markierung und eine Ampel. Da hier morgens viele Studierende mit dem Rad zur Uni fahren, ist an dieser Ecke auch schon mal richtig Radverkehr mit 10-12 Rädern oder mehr. Als ich nun letztens auf dieser Linksabbiegerspur für Radfahrer stand, wurde die Ampel zwar grün aber ich musste zunächst zumindest die ersten geradeaus fahrenden Radler durch lassen, bevor ich mich einfädeln konnte. Nun bin ich mit meinen beiden Gepäcktaschen mit bestimmt 20 Kilo Gepäck (Kleidung zum Umziehen, MacBook, Kamera) nicht der flexibelste Radfahrer. Aber dafür gibt es ja eigentlich Regeln. Naja. Ihr ratet es bestimmt. Die Geradeaus fahren wollenden Autos wurden natürlich nach ca. 10 Sekunden ungeduldig und der direkt neben mir stehende begann zu hupen. Wozu? Wo sollte ich hin? Und warum? Ich hatte kurz über eine Anzeige nachgedacht, weil es sich hier wirklich um eine extrem unnütze Aktion gehandelt hatte, die mich wirklich sehr erschreckt hat. Denn ich war natürlich abfahrbereit und konzentrierte mich auf die diensthabende Lücke. Ich reagierte mich dann einfach auf dem Rad wieder ab.

    Das ist nur eine beliebig ausgesuchte Geschichte, die ich praktisch täglich erweitern könnte. Da sind Autofahrer, die über den Bürgersteig einparken, weil ihnen der Rückwärtsgang kaputt gegangen ist oder sie ein schlimmes Nackenleiden haben. Dabei fahren sie einfach mal so mich nichts, dich nichts über den Radweg mit der Motorhaube. Keine Ahnung, da wird Bremsen und Ausweichen zum Abendteuer. Denn meist ist der Radweg ja nicht gerade breit und daneben gibt es dann gerne Poller, Menschen, die da zu recht laufen oder weniger flexible Hindernisse. Mein Jahresrekord von 45 km/h auf der Franklinstraße hätte auch leicht der letzte sein können, weil wieder eimal ein LKW aus heiterem Himmel auf den Radweg rüber zog, offensichtlich ohne mich zu sehen (Autotransporter). Da ich ursprünglich nicht so viel langsamer war, als er, kam ich schnell in die Zange zwischen seinem Hänger und die parkenden Autos. Es gelang mir rechtzeitig abzubremsen und mich in den ebenfalls ausweichenden Autoverkehr einzuordnen. Eine Frau geht an eine Bedarfsampel, drückt den Knopf. Während ich an ihr vorbei fahre, tritt sie auf den Radweg. Zwischen meinem und ihrem Gesicht hätte gerade noch eine Faust gepasst. Nur das schnelle Verlagern des Gewichts in Richtung Strasse verhinderte einen Zusammenstoß, der sicherlich nicht mir einer Schramme geändert hätte. Letzteres ist mal ein Beispiel für einen schwächeren Verkehrsteilnehmer, der sich selbst und andere durch Rücksichtslosigkeit in Gefahr bringt.

    Man muss auf dem Rad schon alle Sinne überall haben und für wirklich alle mitdenken. Die anderen tun es im Zweifel nicht. Mit der Annahme fährt man ganz gut. Dazu gehört dann noch, dass das Gefährt technisch perfekt funktioniert (man weiss ja nicht zu welchen Manövern man gezwungen wird) und für mich z.B. auch, dass alles, was ich dabei habe rutschfest und starr am Rad befestigt ist. Was manche Leuten so mit Umhängetaschen oder Zeugs am Lenker rum gurken treibt mir immer den kalten Schweiss auf die Zunge.

    Nicht runter kriegen lassen! Und im Zweifel einfach früher bremsen und die Wut schnell wieder abfahren ;-)

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