Schweden-Nachlese

Besondere Highlights waren schon mal die Hinfahrt bei 37,5° auf der Autobahn, das WM-Spiel um den 3. Platz abends in Lübeck und die unaufgeregte, um nicht zu sagen sehr entspannte Fährenüberfahrt von Travemünde nach Trelleborg. Alles sehr unstressig, etwas mehr Aufregung hätte auch nicht geschadet.
Die südschwedische Landschaft fand ich schnell eher langweilig, ähnelt großteils der Lüneburger Heide.
Die Straßen führen durch sehr wenige Städtchen, die man nur schwer auseinanderhalten kann, weil sie alle von den typischen meist roten schwedischen Holzhäusern geprägt sind und kaum herausragende andere Gebäude haben.
Die Ostsee präsentiert sich wie in Meck-Pomm auch: größtenteils harmlos, zum Baden eher arg kühl und nicht so richtig einladend sauber. Der Sand, wo es welchen gibt, ziemlich grob.
Die Campingplätze sind sehr von Wohnwagen und Wohnmobilen überlaufen, Zeltanteil deutlich unter 10%. Meistens gibt es nur 1 oder höchstens 2 Sanitärblocks, so daß man gerade von den Zeltwiesen aus oft sehr lange Wege hat. Das ist ganz schön lästig. Ganz besonders, wenn man gefühlte 10 Minuten zu einem Kloshaus gelatscht ist, dieses dann wegen Reinigung (morgens um 9!) geschlossen vorfindet, so daß man dann gefühlte 25 Minuten zum anderen Klohaus latschen muß…
Schweden sind freundliche und ruhige Zeitgenossen, kennen auf dem Camping aber keine Ruhephasen, laut redend über den Platz stöckeln geht auch um 2 Uhr nachts offenbar ganz schmerzfrei. Was vielleicht auch daran liegt, daß es nie richtig dunkel wird im Sommer. Das übt eine gewisse Faszination aus, aber man kann halt auch nie Sterne gucken – und der Biorhythmus hat ordentlich daran zu knapsen.
Insofern war dieser Urlaub schlafmäßig alles andere als eine Erholung.
Wirklich schön ist es in Stockholm. Mal vom Preisniveau abgesehen, das dort schon ziemlich unglaublich ist, nur noch getoppt von Kopenhagen – aber dazu später mehr. Einmal U-Bahn fahren in Stockholm kostet mehr als 3 Euro. Das sogenannte Stockholm-Ticket, das auch Eintrittsgelder für diverse Museen beinhaltet, kostet für 3 Tage gut 60 Euro. Nur mal zum Vergleich: ein entsprechendes 3-Tage-Ticket in Berlin kostet gut 20 Euro.
Mit Restaurant-Preisen und allgemein Lebensmittelpreisen ist es ähnlich.
Aber man kann in Stockholm campen, vom sehr empfehlenswerten Campingplatz Bredäng mit der U-Bahn in die Stadt fahren und hat auf dem Campingplatz eine in 5 Minuten zu Fuß erreichbare richtig tolle Bade-Möglichkeit im Mälarensee. Wo gibt es sowas sonst?
Die Stadt ansonsten ist einfach schön, hat viele imposante und glanzvolle alte Häuser, ein paar coole Plätze (zB Slussen!), wo sich das Leben abspielt, viele sauteure Geschäfte, eine für Touris optimal aufgemotzte Altstadt (gamla stan) – und überall ist Wasser. Stockholm quasi ist eine Ansammlung bebauter Schären, die durch Brücken und Fähren miteinander verbunden sind. Es ist nicht ganz einfach sich zu orientieren, was auch durch die so lange sehr schräg stehende Sonne nicht einfacher wird.
Also ich hätte mühelos auch wesentlich länger als 4 Tage dort bleiben können, nach einem Lottogewinn etwa gar keine Frage…
Die Fahrt mitten durch, an den großen Seen vorbei und so – größtenteils langweilig. Abends Mücken.
An der Westküste sind die Schären deutlich spannender als im Osten, weil überwiegend kahl. Wir sind dort einen Tag gepaddelt und fanden das alle richtig schön. Leider war es dort nicht mehr so warm wie zuvor im Osten, wir hatten außerdem einen fiesen langen Regentag, der eigentlich nur dank per WLAN ins Zelt gefunkte Internet erträglich wurde.
Ein letzter Höhepunkt war Kopenhagen, wo mich vor allem der Fahrradverkehr echt beeindruckt hat. Wer immer davon redet, unsere Städte, Göttingen etwa oder Münster, seinen fahrradfreundlich, dem kann man nach einem Besuch Kopenhagens nur noch ein Hohngelächter entgegnen. Dort gibgt es durchgängig breite Fahrradsupren auf beiden Straßenseiten, fast überall bestens ausgebaute wirklich fahrradfreundliche Verkehrsführung – und wirklich richtig viel Fahrradverkehr, sehr viel auch in Christiania-Rädern: 3-Räder mit großem Ladebottich vor dem Lenker. Ich sah mehrmals Männer, die darin ihre Frau und Kinder transportierten, wobei in einem Fall die Frau ihre beiden gegenüber sitzenden Kinder aus einem Glas fütterte. Leider war ich zu geplättet von diesem Anblick, um schnell genug meine Kamera in Anschlag bringen zu können.
Ich hatte nur einen Abend und einen Tag in Kopenhagen, derweil die liebe Familie sich im Freizeitpark Backen amüsierte. Und ich kam aus dem Stadtteil Nørrebro nicht heraus. Der ist so, wie ich Stadtteile mag: fast ausschließlich Altbaubestand, viel buntes, alternatives Leben, in das man überall nur direkt eintauchen möchte.
Der Campinplatz dort entspricht leider nicht mitteleuropäischen Erwartungen an Hygiene oder gar Komfort. Die Sanitärs spotten jeder Beschreibung, die Preise ebenfalls: für zwei Nächte (2 Erwachsene, 3 Kinder) zahlten wir 85 Euro. Für 2 Nächte kann man das mal in Kauf nehmen, für länger sicher nicht.
Auch sonst: so einen Schweden-Urlaub stecke ich weg, noch einen so schnell aber sicher nicht.

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