Whynachzfeier der Musikklassen


Eine der vielen Whynachzfeiern also. Neben denen von den Sportvereinen, dem Kindergarten, dem Zirkus, jeder einzelnen Schulklasse und der Abteilung in der Firma. Hier aber eine ganz besondere.
Hier eine große, bald zwei Stunden dauernde Aufführung aller Musikklassen der IGS Göttingen: drei große Bläsergruppen, zwei Chöre, eine Bluesband und zwei Gitarrenduos, davon eins sogar mit Gesang – etwa 130 musizierende und singende Kinder zwischen 10 und 14 Jahren. Beeindruckend organisiert und sehr nett moderiert und vorgetragen. Begeisterung und Spaß der Kinder am musikalischen Spiel reißen die zuschauenden Eltern, Geschwister, Omas und Opas voll mit.
Etwas mehr Rücksicht und Disziplin der knipswütigen Eltern wäre irgendwie nett. Es reicht, daß der Schulphotograph ständig überall vor den Interpreten steht, so daß er sie zwar prima knipsen, niemand anders aber sie mehr sehen kann. Und wenn ein Chor singt, muß man nicht unbedingt so laut mitklatschen, daß die Stimmen nicht mehr zu hören sind. Das ist dann schade. Schließlich ist man ja nicht beim Blauen Bock.

Jungs und Computersucht

Ein Professor klärt auf. Beim Vortrag in der Schule weist er darauf hin, daß die Anfälligkeit für Computersucht am Fehlen von Aufgaben im realen Leben liegt. Die Kinder, Jugendlichen und letztlich auch Erwachsenen finden in der Realität nicht genug Vorbilder, die als solche wirklich taugen. Sie finden keine Gelegenheit, ihr Können unter Beweis zu stellen, an reizvollen Aufgaben über sich hinaus zu wachsen und dafür die so dringend gewünschte Anerkennung zu bekommen.
Und darum spielen sie Autorennen, Adventure- und Ballerspiele.
Und weil Jungs aufgrund des Y-Chromosoms sowieso schon quasi behindert zur Welt kommen, sind sie dafür noch viel anfälliger als Mädchen.

Ich höre mir das an, finde mich in der einen oder anderen Aussage durchaus wieder, stimme zu, nur um aber das Fazit eher entsetzlich zu finden.
Wenn der Mann tatsächlich das Fehlen von Vorbildern für die heutigen Jungs beklagt, dann frag ich mich sehr besorgt, welche Vorbilder denn „früher“ geeignet waren, um die Entwicklung der Jungs zu befördern und zu stabilisieren.
Das ganze Thema finde ich viel zu heikel, um es mit solch letztlich vordergründigen Erklärungen handhabbar zu machen. Natürlich hätte man gern Beruhigung. Daß der eigene Junge „sowas“ nicht macht, daß man(n) selbst vielleicht doch positives Vorbild sei. Und weiß doch tief im Innern, daß es darum nicht gehen kann.
Das tiefgreifende gesellschaftliche Grundübel: die zu groß geratenen Organisationseinheiten (was früher mal die dörfliche Struktur war, ist heute Europa oder eben noch schlimmer: das Internet!), das trage zur allgemeinen Verunsicherung bei, da müsse man gegensteuern, durch Wiederbelebung kleinerer Einheiten.
Graswurzelrevolution? Eine angesichts zunehmender Verstädterung und Verslummung der Welt geradezu niedliche Vorstellung.

Es ist sicher so, daß man durch die Möglichkeit der Flucht in die virtuellen Welten eher geneigt ist, die Konflikte der realen Umgebung zu meiden. Ganz sicher darf man Jungs in der Pubertät in dieser Situation nicht einfach allein lassen, sie abdriften lassen in künstliche Wirklichkeiten. Andererseits scheint ja auch gerade unsere angestrengte Behütung der Jugend, das allumfassende Gutmeinen von Eltern und Schulpädagogik, den Jugendlichen das Sammeln von Erfahrungen, die auch mal unangenehm sein können, zu erschweren.
Und ist es mit Mädchen nicht genau dasselbe? Vielleicht verfallen die nicht ganz so häufig Ballerspielen, dafür hängen sie in Chatrooms fest und bloggen ihre Beziehungsprobleme rauf und runter.
Wo heute gechattet und gesimst wird, wurde früher telefoniert. Das war noch etwas direkter und persönlicher, aber wesentlich beziehungsfähiger waren wir deshalb auch nicht.
Erinnert sich noch jemand an den Neuen Sozialisationstyp, über den Anfang der Achtziger gelästert wurde, den damals als neu empfundenen Narzißmus der Jugendlichen? Auch da ging es schon um Beziehungsunfähigkeit und übermäßiges Kontrollbedürfnis.
Dem sogenannten Oralen Flipper fehlten da auch schon die „wirklichen Aufgaben“.

Und noch früher? Wurde noch weniger kommuniziert, wurde nur unter Moral und Ideologie verpackt, was einen ganz woanders bewegte, hatten Kirche und Staat die Finger drauf. Da wurde sublimiert. Das Resultat waren Glaubenskriege oder Nationalismus. Wirklich prima Gelegenheiten für junge Männer, über sich hinauszuwachsen und relevante Aufgaben in und für die Gesellschaft zu finden. Na danke!

Und heute? Wir? Hier?

Man kann sich sicher darüber aufregen, wieviel Geld der Telekommunikationsindustrie in den Rachen geworfen wird, auf welch perfide Weise und wie ungeniert sie Jugendliche ausbeutet und in die Verarmung treibt. Was aber doch auch nur funktioniert, wenn wir das mitmachen. Wenn Eltern ausgerechnet da, wo es auf ihre Betreuung ankäme, einen Rückzieher machen, Kontrolle delegieren an Wirtschaftsunternehmen, die nicht das Beste für sondern nur von ihren Kindern wollen.
Es ist aber durchaus möglich, mit den eigenen Kindern über den Gebrauch der aktuellen Medien zu reden. Genauso wie es hierzulande jedem Menschen möglich ist, seine eigene Situation kritisch zu überdenken und sein Leben gegebenfalls zu ändern.
Jeden Tag neu.

Ihre Bastellust

Seit einiger Zeit ist Kind3 emsig und eifrig dabei, allerlei Gegenstände aus Papier zu fertigen. Einen Briefkasten für ihre Zimmertür zum Beispiel. Oder, was ich sehr pfiffig fand: ein kleines eckiges Schälchen, das an die Türklinge geklebt wurde, in das sie lauter kleine briefmarkenähnliche Zettel legte. Wollte man ihr Zimmer betreten, hielt sie einen an, so 1 Zettel zu ziehen, den man dann beim Verlassen wieder in das Schälchen zurücklegen sollte.
Dann bastelte sie ein weiteres Schälchen mit längerem Bande, das sie selbst um den Hals trug und mit dickeren Papierkügelchen füllte. Die entnahm sie dann bei Bedarf selbst und führte so immer eine Portion Notnahrung mit.
Gestern kam sie plötzlich an und führte mir nach dem obligatorischen „Augen zu!“ und dann „Jetzt Augen wieder auf!“ einen Papierring um ihren Kopf vor, an den sie selbst gestaltete und vor allem bemalte Federn geklebt hatte, einen echten Indianerfederschmuck, wie man ihn nirgends zu kaufen bekäme. Ich war so begeistert, daß ich sofort auch so 1 gebastelt und umgelegt bekam, nicht ohne daß sie zuvor mit einem Probestreifen Maß an meinem Kopf genommen hätte. Und der paßte dann wie angegossen. Die abfälligen Bemerkungen der anderen Familienmitglieder später beim Essen, als ich den Federschmuck stolz zur Schau trug, ertrug ich erhobensten Kopfes und mit Zwinkern Richtung Kind3!

Laternegehn


Gut eingewickelt in mein Radfahrer-Ganzkörperkondom schliddere ich durch den feinsten Nieselregen, den so ein gemeiner Novemberabend zu nässen imstande ist, zum Kindergarten. Da sind schon alle Muttis und einige Pappis und natürlich die vielen lieben Kleinen mit ihren bunten Laternen und scharren mit den Hufen.
Es sind so mit die ambivalentesten Gefühle überhaupt, die mich durchzucken, wenn ich aus überzeugten Muttikehlen die bekannten Laterne-Lieder geträllert bekomme, dazu die schrägen und grellen Zwischentöne der Kinder. Dazu diesmal ganz neu: auch manche Laternen selbst singen mit. Oder genauer gesagt: piepsen aus kleinen Soundchips, die in die LED-blinkenden Stiele eingebaut sind. Es ist dieser Punkt, wo aus einem Amüsiertsein über die Spielerein moderner Technik schlagartig blankes Entsetzen wird. Wenn die Kinder plötzlich keine Kerze mehr benutzen dürfen, kein offenes Feuer (Gefahr! Gefahr! Paulinchen ist allein zuhaus!), und wenn das vom Kerzenschein durch das Laternenpapier erzeugte bunte Licht nicht mehr ausreicht, sondern durch elektronisches Blinken ergänzt werden muß. Und dann auch noch das Gepiepse.
Das Gemeinste daran ist, daß es den Kindern gefällt.
Das Schöne ist, daß die Kleine glücklich strahlend neben mir her läuft, in der einen Hand ihre Laterne mit Kerze schwenkt, in der anderen den Schirm balanciert, damit die Laterne nicht naß wird, und singt. Unbekümmert, unbeirrt, ungeheuer schön, wie nur das eigene Kind singen kann. (Ganz objektiv gehört.)
Danach sitzt man im Kindergarten gemütlich beisammen, mampft das mitgebrachte Buffet, die Kinder trinken Punsch und die Eltern dürfen Glühwein. Ach ja fein. Noch etwas mehr dürfte es sein. Da geht dann doch ganz schön was rein.

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Sangmartin


Alle Jahre wieder beginnt die Vorwhynachzzeit mit dem Sankt-Martinstag, der hier auch gern Sangmartin genannt wird, weil die Kinder dann losziehen, an den Türen in der näheren Umgebung klingeln und dann singen, um dafür Süßigkeiten zu bekommen. Prima kombinierbar mit Laternegehen und dank relativer Unkenntnis der Leute, wann denn eigentlich Sangmartin genau ist, auch gleich zweimal hintereinander machbar.
Trotzdem werden wir unsere extra dafür gekauften Süßigkeitenvorräte eigentlich nie los, weil nicht genug Kinder kommen. Gibt es nicht mehr genug oder trauen sie sich nicht oder haben sie es daheim vor Game*cube, Nint*ndo oder sonsteinem piepsenden Elektroteil zu behaglich, als daß sie sich für ein paar Schokoriegel, Mandarinen und Nüsse in den dunkel-feucht-kalten November hinausbequemen würden?

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Endlich Ohrlöcher!

Ich kann mich gar nicht genau erinnern, wie lange sie darauf gewartet hat. Erst hatten wir sie vertröstet, weil sie noch zu klein war. Dann ergab sich länger nicht die passende Gelegenheit. Schließlich waren wir bei einem Juwelier und dann wollte der nicht, weil es ihm entweder wirklich zu heikel war oder weil er die passende Ausrüstung einfach nicht hatte. Er verwies uns stattdessen auf den HNO-Arzt. Und da waren wir nun gestern. Endlich.
Im Nieselregen hole ich sie mit dem Fahrrad vom Ballett ab, wo sie mir inmitten der andern rosanen Ballettmäuse schon munter und in der ihr eigenen stillen Aufgeregtheit auf den Arm springt. Schnell, viel schneller als sonst, ist sie umgezogen und sitzt hinter mir auf dem Rad, mit dem wir in die Stadt gondeln. Bis zum Termin bei Frau Doktor ist noch Zeit. Ich will ihr ein Eis spendieren, sie schaut mich groß an und sagt mit deutlichem Bedauern: du, Papa, eigentlich habe ich jetzt gar keinen Hunger auf Eis. Erst als ich ihr verdeutliche, daß wir noch eine halbe Stunde warten müssen, kommt der normale Appetit allmählich zurück.
Und dann schlendern wir durch die Stadt, sie mit einer Kugel Waldmeister, ich mit Schokolade.

In der Praxis freundliche Begrüßung: ach Sie sind das. Mit den Ohrlöchern. Ja, wir haben telefoniert.
Und schon sitzt Li Si auf dem Stuhl, ganz die konzentrierte Ruhe, ernstes Gesicht, unglaublich diszipliniert. In solchen Momenten bin ich tief bewegt von der Eindeutigkeit ihres Wollens, der Kraft ihrer Persönlichkeit.
Die Arzthelferin markiert die Lochstellen an den Ohrläppchen mit einem Stift, kontrolliert die Symmetrie, läßt das Kind mit dem Spiegel ebenfalls prüfen, ob alles richtig sitzt, und selbst der Vater muß noch sein OK geben, bevor die Pistole endlich angesetzt wird und nach einem kleinen Pling das erste Loch sitzt. Und in ihm drin der erste türkis glitzernde Stecker, den wir zuvor aus einer viel zu großen Kiste sehr ähnlicher Stecker ausgewählt haben.
Wie weh es dann wohl doch getan hat, merkt man ihrem Gesicht nicht an. Nur, daß sie sich völlig unter Kontrolle hat.
Ich halte ihre Hände und bin sehr stolz und beeindruckt.

Sobald auch das zweite Loch sitzt, und zwar perfekt sitzt, bekommen wir noch ein kleines Fläschchen Desinfektionslösung und den Rat mit auf den Weg, nicht mit dreckigen Fingern an die Löcher zu gehen. Konsequent und diszipliniert zieht mich das Kind direkt auf die Toilette, wo sie sich gründlich wie nie mit Seife die Finger wäscht und abtrocknet, um dann vorsichtig und stolz und nur ein klein bißchen unsicher, dafür aber sehr glücklich mit ihren Händen fühlen zu können, daß sie nun Stecker in ihren Ohren hat, und also Löcher.
Endlich.
Was für ein großer Moment. Die Heimfahrt wird trotz Nieselregen und Müdigkeit zum Triumphzug.

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Moment des Glücks


Satt sein.
Im angenehm warmen Zimmer sitzen.
Nichts tut weh.
Die kleine isst Eis.
Der große liest Zeitung.
Die große spielt die Bach’sche Etüde auf dem Klavier.
Ja, genau die.
Der Papa sitzt einfach nur da, sinniert so angenehm ungestört vor sich hin.
Und ist plötzlich ganz gerührt.

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Radtour in den Kindergarten

Eine Bilderserie zur Erinnerung an ungezählte fröhliche, stressige, sonnige, verschneite, regnerische, stürmische oder neblige Touren am frühen Morgen von Geismar zum Leineberg.

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Zur Nacht der Kultur


spielt die Bläserklasse des 5. Jahrgangs der Georg-Lichtenberg-Gesamtschule im Hof der Sankt Michaels Kirche auf.

Die Kindergarten-Radtour

Noch zwei Wochen. Dann ist die Zeit der gelegentlichen Radtouren morgens vorbei. Dann wird sie in einen anderen, viel näheren Kindergarten wechseln. Im Moment habe ich das Gefühl, daß mir der Abschied schwerer fallen wird als ihr. Es war immer etwas besonderes, in den ersten Jahren mit ihr hinter mir im Kindersitz, seit nun schon weit mehr als einem Jahr auf dem Nachläufer.
Wie das war, als sie noch dodadodadoda machte! Als sie die ersten Lieder sang. Als sie das Traumhaus kennenlernte und später das abgebrannte Haus, das im Lauf der Zeit zum kaputten Haus wurde. Oder wenn wir die Häschenstrecke fuhren, deren letzter Teil parallel zur Eisenbahn verlief, die wir dann riefen. Und die kam, fast immer, auf Zuruf. Wie wir die quakenden Frösche entdeckten oder den Reiher, der am Rand des Leineufers stand und auf Fische wartete. Wie stolz und glücklich sie stets war, wenn sie Vögel oder andere Tiere vor mir entdeckte.
Immer diese eigenartige Mischung aus Momenten besonderen Glücks und der Hektik, sie im Kindergarten abliefern und anschließend zur Arbeit fahren zu müssen. Manches Mal im Regen, bei Sturm, auf vereisten Wegen, im Schnee, bei säuischer Kälte oder – wie in diesen Tagen – in schweißtreibender Hitze. Und tropsdem. Das Gute ist stärker und fast immer war diese Tour ein wunderbarer Start in den Tag.
In unserer Erinnerung wird es einen wichtigen Platz haben. So wie die Erinnerung an die Zeit mit den beiden Großen: die gleiche Tour, nur mit zwei Kindern im Anhänger. Wie gute Laune die immer hatten. Wie sie zusammen sangen oder sich Witze erzählten.

Leben ist Bewegung.
Nichts bleibt, wie es war.

Schnee in der Stadt

Es schneit in dichten Flocken. Ein wunderschöner Anblick. Ein faszinierendes Gefühl, mit dem Fahrrad hindurchzufahren. Das Kind hinten im Anhänger ruft ständig: Nicht so schnell, Papa! Und: Papa, nicht so dicht am Rand! Als ich an der Ampel beim plötzlichen bremsen etwas ins Schlingern komme, weil der Anhänger überholen will und weil meine Vorderradbremse etwas zu abgenudelt ist um noch schön gleichmäßig zu bremsen, wieder besorgte Rufe von hinten: Papa, beinahe wären wir ausgerutscht!
Sie ist schon so groß. Und sie paßt so gut auf.
An der Auffahrt zum Leineberg, wo es ein paar Meter steil bergan geht, hilft sie fleißig mit: Hau ruck, hau ruck, hau ruck… :-)
Wenn nur der Autoverkehr nicht wäre! Dieser Klutsch auf den Straßen, der Dieselgestank und der durch die Nässe verstärkte Lärm. Wie idyllisch könnte das Stadtleben sein, wenn es nur Straßenbahnen und Fahrräder gäbe!

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Kindergarten für lau

Als Signal erscheint mir das nicht nur einfach richtig, sondern höchst überfällig. Wir zahlen für 1 Kind 303 Euro pro Monat für die Betreuung von maximal 7:30 bis 15:00. Als wir noch 2 Kinder im Kindergarten hatten, kostete es nur den anderthalbfachen Betrag. Was war das für eine Erleichterung, als die Großen endlich in die Schule kamen.
Natürlich glaube ich nicht wirklich daran, daß dieser Familienschmusekurs der neuen Regierung wirklich ernst gemeint ist. Und selbst wenn er es wäre, wird ihn niemand bezahlen können und die entscheidenden Geldsäcke nicht wollen.
Aber was mich eigentlich ärgert: wenn das Gesetz werden sollte, wird auch das Jüngste längst zur Schule gehen.

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Beim Ballett


Zur Whynachzfeier der Ballettschule hat sich die Lehrerin dieses Jahr eine besondere Finesse ausgedacht: die Eltern Mütter dürfen nicht einfach der Vorführung ihrer Töchter zugucken, diese auf Video filmen und ständig blitzend knipsen, sondern müssen selber ran. Mitmachen.
So kommt es, daß ich mich erstmals in meinem Leben an einer Ballettstange wiederfinde und etwa 10 zehnjährigen Mädchen und fünf oder sechs Müttern und mir im großen Spiegel dabei zugucke, wie wir zum straffen Kommando der Lehrerin von der ersten Position über Pliée und Relevée bis zur fünften Position alles durchgehen, uns strecken, uns beugen, auf Zehenspitzen stellen und dazu anmutig lächeln.
Man möge mir nachsehen, daß ich davon keine Bilder zeigen kann. Sie sehen hier nur die Zeugnisse von Kaffee und Keksen danach. Mais quand même…


Sangmartin


Ist schon wieder ein paar Tage her, daß die Kinder zu Sankt Martin singend durch die Straßen zogen. Die einen baten dabei um Süßigkeiten, die anderen um Spenden für Nicaragua.
Und dann war Laternenfest im Kindergarten, womöglich zum letzten Mal. Sofern LiSi nächstes Jahr in die Schule kommt. Mit seltsamen Gefühlen singt man die Lieder mit, die man nicht eigentlich gern singt, aber –

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Schule für Menschen

Vom ersten Tag an haßte ich meine Schule, das humanistische Gymnasium in der Stadt. Als meine Klasse den Weg von der Aula, wo die Begrüßungsfeier stattgefunden hatte, in den Gebäudetrakt der Unterrichtsräume antrat, verlor ich den Anschluß und irrte nach kurzer Zeit (heulend? ich weiß es nicht mehr) in den labyrinthischen Gängen umher.
Auch in den neun Jahren, die folgten, ließ diese Lehranstalt nur wenige Gelegenheiten, mich einzuschüchtern, aus. Durch ihren elitären Habitus (Griechisch lernen ist Luxus), durch den großteils überalterten autoritären Lehrkörper, durch die pure zu bewältigende Stoffmenge, durch die von vielen gepflegte niemals durchbrochene ironische Distanz und natürlich durch die fleißig geübte Willkür, die schon frühzeitig klarmachte, daß Gerechtigkeit keineswegs jedem zuteil wird.
Man mußte schon kämpfen, Wege finden, das auszuhalten und für sich etwas davon mitzunehmen.
Ab der Oberstufe bestrafte ich alle mit konsequentem aber perfekt portioniertem Entzug. Ich fehlte etwa 40% des Unterrichts in der 13. Klasse, bekam aber trotzdem mein Abi. Und nahm als einziger, mal abgesehen von einem Menschen namens Großkord, mit dem mich sonst nichts aber auch gar nichts verband, mein Abi-Zeugnis in Jeans entgegen.

Ich haßte das Elitäre und haßte die Eliten und diese großbürgerlichen Söhnchen, die nichts sehnlicher erstrebten als in die Fußstapfen ihrer Pfäter zu steigen und deren Status und Lebensstandard wenigstens selbst zu erreichen, besser aber: noch zu übertrumpfen.
Dazu war jeder Ellbogen, jedes Arschgekrieche und jeder gut gezielte Tritt nach unten gerade recht.

So wie dieses Verhalten bei unserem (einzigen) kritischen Deutschlehrer oft thematisiert wurde, so von allen andern fleißig eingeübt und dumpf gefördert. Im Unterricht selbst wurde gesiebt statt gefördert, soziales Lernen hieß: die Schwächsten vor die Klasse treten zu lassen und dort fertig zu machen.

Das waren schon reife Leistungen.
Ich brauchte viele Jahre, um mich davon einigermaßen zu erholen und um wenigstens ansatzweise zu begreifen, was dort wirklich geschehen war.

Diese Herkunft ist einer der Gründe, warum ich sicher nicht auf die Idee kommen würde, meine Kinder auf ein altsprachliches Gymnasium zu schicken.
Es gibt aber auch einige sehr positive Gründe, sie überhaupt nicht auf ein Gymnasium sondern auf die IGS zu schicken, wo die beiden großen sich seit August gut aufgehoben fühlen, wo selbst in Zeiten neuen Lehrermangels und überall deutlich gekürzter Mittel Bildung und Leistung nicht als Ausgrenzungsmittel und Machtmedium vermittelt werden, sondern wo Integration stattfindet.
Das Abi wird dort erst nach 13 Schuljahren gemacht, an Gymnasien seit neuestem in 12.
Die Förderung der SchülerInnen findet im Unterricht statt, Lernschwächere werden nicht einfach ausgesiebt.
Schule und Privatleben wachsen dort in einer Weise zusammen, die man den Gesichtern der LehrerInnen ansieht: die fühlen sich wohl da und leben gern in ihrer Schule. Und als Eltern möchte man gern richtig viel davon mitkriegen, teilnehmen, ja am liebsten selbst wieder mit lernen –
Eine Oase, für die ich ungeheuer dankbar bin.

Es war ein Glück


“Womit haben wir uns eigentlich diesen September verdient?”, fragte Herr T. “Mit dem beschissenen Juli!”, antwortete Frau J. Womit sie einerseits ganz richtig lag. Andererseits denke ich hier, wie auch sonst gern, daß man sich sowas nicht verdient. Wenn denn überhaupt, dann gibt’s Glück geschenkt.
Diese Tage mit Frühnebel und diesem blauen blauen Himmel, der sich wie das Mittelmeer so weit und warm über das Leben und das Gemüt ergoß, die Radtouren mit Kind3 morgens übern Deich zum Kindergarten. Endlich konnten wir das Tabu brechen, das bei unserm Sturz im Frühjahr entstanden war. Keine Angst mehr vor dem Hubbelweg. Stattdessen Freude über den Graureiher, der mit majestätischen Flügelschwüngen hoch über uns hinweg fliegt.
Ein Geschenk. Es fällt schwer es jetzt loszulassen.

Herbstmorgen, arg früh

Gritzegrau ist’s heute. Wird nicht hell, regnet aber. Dazu sowas wie der erste Herbststurm.
Kind3 ist heute Morgen um 5 oder so endlich mal wieder an mein Bett gekommen. Sie hatte so dolle Bauchschmerzen. Dann lag sie ein Weilchen unter meiner Decke. Das war so schön, daß ich sie eigentlich gar nicht wieder wegschicken wollte. Nur die plöte Vernumpft ehmt. Daß ich noch Schlaf brauchte. Obwohl ich mich gar nicht soo müde gefühlt hab. Also hab ich ihr gesagt, sie solle mal aufs Klo gehen und sich dann noch bißchen zum Schlafen in ihr eigenes Bett legen.
Damit war sie einverstanden, kündigte aber ihr Wiederkommen an, wenn es draußen heller sei… – was sie denn, pünktlich wie ein Helligkeitsmesser, auch tat. Kurz bevor der Wecker klingelte.
Sie störte mich nicht einmal wirklich. Und gestern Abend habe ich mir insgeheim eigentlich genau das gewünscht. Als ich noch mal an ihrem Bett saß, ihre Hand ergriff und ihr beim Schlafen zuguckte.
Beim jüngsten Kind ist es so, daß man gar nicht richtig möchte, daß es größer wird.

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Wäschewechsel auf der Stolle

Nach Dahlenrode werden allsommerlich die Kinder aus Göttingen und Umgebung in die Sommerfrische geschickt, zur Sportfreizeit auf die „Stolle“. Zwei Wochen wohnen die 9 bis 13 jährigen in großen Zelten auf einem riesigen Gelände und sind dort von morgens bis abends draußen, vielfältig in Bewegung und meistens ziemlich glücklich. Zur Halbzeit kommen Eltern, Geschwister und Großeltern zu Besuch, zum Wäschewechsel und um zu gucken, was der Nachwuchs treibt, wie’s ihm geht und ob das Essen denn auch schmeckt.
Dieses Event ist immer sehr generalstabsmäßig vorbereitet, die Kinder zeigen in großangelegten Vorführungen ihr sportliches und choreographisches Können, die Besucher essen Stullen, Bratwürstchen und Kartoffelsalat und fahren nach ein paar Stunden wieder nach Hause.





Dieses Jahr gibt es inmitten des Dauerregens sogar ein halbwegs trockenes Viertelstündchen, genug für eine ergreifende Chor-Aufführung und den Eindruck, dass die Stollianer bestens durch den Regen kommen, besser sicher als so mancher Stadtbewohner, der daheim die Krise kriegt.

Fehlstart

Heute Morgen.
Dreimal aufgestanden nachts. Zweimal wg Kind3, das Angst hatte. Weltangst? Und einmal wg plötes Telefon, das im Zimmer anfing zu piepen weil Akku alle.
Heute Morgen frisches Hemd angezogen, damit gefrühstückt, danach überlegt, doch noch mal das von gestern anzuziehen, weil ich die Kleine in den Kindergarten bringen mußte, dabei bei diesem Klima denn doch nicht völlig trocken bleibe und dann doch lieber ein ohnehin schon nicht mehr lupenreines Hemd noch mehr verknittere.
Fahrt überraschend gut. Kind3 hat seit einigen Tagen eine intensive Klammerphase, die es mir unmöglich macht, sie zB ins Bett zu bringen oder morgens aus dem Bett zu holen. Das muss immer Mama machen, sonst veranstaltet sie so ein Geschrei, dass man unwillkürlich selbst die Polizei rufen möchte, um sich verhaften zu lassen, weil man seinem Kind so etwas antut.
Daher eigentlich schlimmste Befürchtungen. Aber sie hat ausgesprochen gute Laune. Es gelingt ihr sogar ganz allein eine Eisenbahn herbeizurufen! Ich bin beeindruckt.
Sehr ruhige und entspannte Atmosphäre im Kindergarten: ein Kind über einem Sessel hängend, zwei Erzieherinnen plaudernd – da setzt sich Kind3 mit an den Tisch, als sei gar nix.
Ich bin so platt, dass ich ihr nur vorsichtig tschüss sage und sofort wieder los – weiterfahren will zur Arbeit.
Aber.
Da entdecke ich doch eine fette Reihe Matschspritzer auf meinem Hemd. Fein säuberlich von oben nach unten verteilt. Igitt. Kleine zwar aber so dunkel, dass – ich also wieder nach Hause fahre statt direkt ins Bureau.
Geile Feile. Kleines Radrennen mit mir selbst. 12 km incl. Kind abliefern in 39 Minuten. Pas mal, hein?
Zuhause also Schweiß abtupfen, fliegender Hemdwechsel und wieder los, directement au bureau.
Vielleicht nicht wirklich ein Fehlstart, aber doch ein seltsamer Tagesbeginn.